Sternstunde des Chorgesangs
„Unwritten“ – der bekannte Popsong von Natascha Bedingfield vergleicht ein junges Leben mit einem unbeschriebenen Blatt Papier. Fünfzehn solche blütenweißen Blätter – um im Bild zu bleiben - haben dem Publikum am RSG mit perfektem Chorgesang einen unvergesslichen Abend beschert: die „Harmonian Schumanists“, die trotz ihres sehr jungen Alters zwischen 10 und 21 schon selbstbewusste Persönlichkeiten sind, die von innen heraus strahlen und dieses Strahlen in Töne umzusetzen vermögen. Töne die begeisterten, Klänge, die beeindruckten, wie bei der anspruchsvollen chorischen Umsetzung des besagten Songs „Unwritten“.
Unter der Gesamtleitung von Su Frisch hatte das Ensemble in den wunderschönen Saal am derzeitigen Standort des Robert-Schuman-Gymnasiums geladen. Hier begrüßte die Chorleiterin unter den Zuhörern in der bis zum letzten Platz gefüllten Aula insbesondere die Ehrengäste, darunter auch die gesamte Schulleitung des RSG, die an diesem Abend auch einmal nur Gast sein durfte.
Das vielseitige Programm konnte sich sehen und hören lassen, erstreckte sich über verschiedenste Genres, war humorvoll und zugleich berührend. Im Zusammenspiel mit der RSG -Theaterklasse 7/8 entstand ein Gesamtkonzept mit vielen liebevoll gestalteten Details und abwechslungsreichen Momenten. Die Theaterschüler setzten tierische Gedichte unter anderem von Heinz Erhardt, Ernst Jandl oder Christian Morgenstern gekonnt szenisch um.
Selbstbewusst, mit großem Charme und sehr dichtem Tonvolumen stellte sich der Chor „Harmonian Schumanists“ vom ersten Moment an vor und wünschte musikalisch einen „Happy Day“. Dabei fügten sich die jüngeren Sängerinnen hervorragend in das teilweise seit 16 Jahren, also seit der Kindergartenzeit, miteinander agierende Ensemble ein. Die jüngeren Sängerinnen, das sind Jule Smola, Lina Altmann, Annelie Bethmann und Julia Rabl, die als jüngste bereits große Sicherheit und zugleich eine beachtliche stimmliche Fülle zeigte.
Für humorvolle Momente sorgten die extrovertierten Knabenstimmen von Raphael Hör, Severin Meierhofer und Hannes Duschner, der dem EAV-Hit „Fatamorgana“ seinen eigenen Stempel aufdrückte. Die weiblichen Solostimmen von Ida Asal, Anne Meierhofer, Theresa Hackl, Laura Scheingraber und Miriam Frisch sorgten jede auf ganz individuelle Weise für Glanzmomente des Abends. Einen beachtlichen Tonumfang stellten die volltönenden Männerstimmen von Johannes Hackl, Leo Meierhofer und Julian Frisch unter Beweis. Das Trio überzeugte nicht nur mit seiner starken Bühnenpräsenz. Das Comedian-Harmonists-Medley, insbesondere dem Stück „Ein Freund ein guter Freund“ offenbarte das Können der jungen Männer, die den anspruchsvollen dreistimmigen Satz mit bravouröser Leichtigkeit umsetzten.
Beschwingte Choreografien ließen die komplexen Chorsätze federleicht wirken und bei ruhigeren Songs wie „Adiemus“ von Karl Jenkins woben die Sängerinnen und Sänger einen Klangteppich, der in fremde Welten entführte. So nahm auch das fünfstimmig vorgetragene „Say something“, das an verschiedenen Stellen im Saal performt wurde, den Raum und die Zuschauer völlig ein und versetzte sie in einen Schwebezustand zwischen Traum und Wirklichkeit.
Der virtuose Klavierbegleiter und einziger Nicht-Schumanist des Abends, Hardy Meierhofer, wurde kurzerhand zum „Ehrenschumanisten“ ernannt. Nicht zuletzt wegen seines einfach wundervollen Chorarrangements von „Circle of Life“ aus dem Musical „König der Löwen“, das mit einem Gänsehautmoment begann, als Ida Asal vom Balkon des historischen Saals volltönend die Geburt des neuen Löwenkönigs ankündigte. Die Solistin setzte auch immer wieder Akzente mit ihrem sanften Spiel auf der Querflöte.
Mit dem letzten Ton des rhythmischen „Barbara Ann“ von den Beach Boys riss es das Publikum förmlich von den Stühlen. Und so ernteten die jungen Sängerinnen und Sänger im frenetischen Applaus den verdienten Lohn für die monatelange und sehr fordernde Probenarbeit. Mit einem fröhlichen, als Kanon gesetzten „Bella Ciao“ verabschiedeten sie sich nach zwei Zugaben vom Publikum.
Wenn es stimmt, dass Singen ein „Abglanz der Seele“ ist, wie der Tenor René Kollo es formuliert, dann durfte das Publikum an diesem Abend tiefe Einblicke in großartige junge Persönlichkeiten erhalten.
Bilder: Rechte: Dr. Tobias Hanauer