Alexander der Große und Rundfunk – die Schumanisten im Rundfunkmuseum Cham
Herrschaft und Propaganda gingen schon seit jeher Hand in Hand. Denn es liegt im ureigensten Interesse der Herrschenden, ihren Standpunkt darzulegen und dabei eine breite Unterstützergruppe für die Sicherung ihrer Herrschaft zu schaffen. Dieser Mechanismus galt schon in der Antike für Alexander den Großen und Iulius Caesar und wird auch heute noch durch die Tweets von Präsident Trump tagtäglich bestätigt.
Michael Heller führte die Schumanisten durch die Welt des Rundfunks.
Ein Musterbeispiel für die politische Instrumentalisierung der Medien ist die Nutzung des Rundfunks durch die Nationalsozialisten. Um mehr über die Technik dieser Zeit zu erfahren, begaben sich die Schülerinnen und Schüler des Robert-Schuman-Gymnasiums in Cham, die sich für das althistorische W-Seminar „Alexander, Caligula und Co. – antike Herrscherpersönlichkeiten“ entschieden haben, mit ihrem Lehrer Dr. Paul Schrott daher ins Rundfunkmuseum Cham. Dort wurden sie von Gründer und Betreiber Michael Heller begrüßt, der sie zunächst mit der technischen Entwicklung des Rundfunks von den ersten Phonographen des späten 19. Jahrhunderts bis zu der Entwicklung des Transistorradios in den 1960ern vertraut machte. Im Anschluss referierte Studiendirektor i.R. Bernd Kroll über die nationalsozialistische Propaganda via Rundfunk.
Bernd Kroll referierte über die nationalsozialistische Propaganda via Rundfunk.
Dabei erfuhren die Schumanisten, dass die Nationalsozialisten schon früh die Bedeutung des neuen Mediums Rundfunk erkannt hatten. Die in den 1920er Jahren aufkommende Rundfunktechnik war damals im von Inflation gebeutelten Deutschland noch ein Statussymbol, da manches Empfangsgerät deutlich teurer war als etwa ein Volkswagen! Daher machten sich es die Nationalsozialisten zur Aufgabe, die Bevölkerung über die Mittelwelle zu erobern. Dazu ermöglichten sie es jedem Haushalt durch den preisgünstigen Volksempfänger – im Volksmund auch „Goebbelsschnauze“ genannt, wie Michael Heller erklärte – Anteil an diesem neuen Unterhaltungsmedium zu haben. Im Gegenzug nutzten sie den Rundfunk zur Indoktrination der Bevölkerung mit der nationalsozialistischen Propaganda. Nicht umsonst urteilte Adolf Hitler im Jahr 1938: „Ohne Lautsprecher hätten wir Deutschland nicht erobert.“
Auch während des Zweiten Weltkrieges wurde der Kampf auf medialer Ebene von Deutschen und Alliierten fortgeführt. Das Hören des Feindsenders BBC war jedoch verboten und wurde in einigen Fällen sogar mit dem Tode geahndet.
Die kurzweiligen Ausführungen der beiden Referenten ermöglichten den Schumanisten nicht nur einen Einblick in eine der wesentlichsten Techniken des 20. Jahrhunderts, sondern regten sie zum Nachdenken über Herrschaft und Propaganda an. Denn auch wenn natürlich Alexander der Große und Iulius Caesar noch nicht im Rundfunk oder gar Fernsehen aufgetreten sind, so haben sie es dennoch verstanden, ihre Ideen auf dem neuesten Stand der Technik ihrer Zeit zu präsentieren. Und genau mit dieser stets aktuellen zentralen Fragestellung müssen sich die Schülerinnen und Schüler wissenschaftlich auseinandersetzen im Rahmen ihrer Seminararbeit über eine antike Herrscherpersönlichkeit. Eines jedenfalls ist klar: Heute hätte auch Alexander der Große seine eigene Homepage, er würde twittern und hätte viele Follower in den sozialen Netzwerken – sonst wäre er nicht lange der „Große“.